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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



Stäudlin, "Das Kraftgenie"

Anmerkungen zum Gedicht "Das Kraftgenie" von Gotthold Ephraim Stäudlin

Bei dem Gedicht handelt es sich um einen Teil der Auseinandersetzung zwischen dem eher noch in früheren Traditionen denkenden Stäudlin und dem aufstrebenden Schiller, auf dessen frühe Sturm-und-Drang-Werke sich die Kritik bezieht, aber natürlich auch die gesamte Genie-Grundhaltung dieser neuen Epoche und ihrer Vertreter.

Das Kraftgenie

 

Ich bin und heiße Kraftgenie,

Ein Lieblingssohn der Fantasie!

  • Wichtig ist hier die Kritik, dass es sich hier nur um eine Selbstbeschreibung, also eine reine Behauptung handelt.

 

Ich weile, Sklavenseelen gleich,

Nicht in des Staubes dunklem Reich;

Ich breche selbst mir eine Bahn

Und streb’ und fliege himmelan.

Ich schwinge mich, ein Ritter groß,

Auf Shakespear’s rasches Flügelross

  • Hier geht es um die Abgehobenheit, das Luftige dieses Genietreibens, das sich zu sehr von "des Staubes dunklem Reich" entfernt, also von der Realität.
  • Den Schluss kann man so verstehen, dass man gewissermaßen Shakespeare benutzt, selbst aber nichts hat.

 

Was kümmert mich die Kritlerzunft?

Was alle Zäune der Vernunft?

Was deine Hecken, Aristot!

Der kleinen Geister großer Gott?

  • Hier wird kritisiert, dass dieses Kraftgenie sich um keine Kritik kümmert, sich nicht an die Regeln der Vernunft oder auch an bewährte Vorgaben wie die des Aristoteles hält.

 

Ich flieg’ in meinem freien Sinn

Hoch über Berg’ und Täler hin!

Wie schnaubt mein Roß! wie brennt mein Kopf,

Und siedet wie ein heißer Topf.

  • Die Beschreibung ist hier stark satirisch und negativ, es grenzt an Krankheit bzw. Überhitzung.

 

Da gafft mit staunendem Gesicht

Das ganze Volk mich an und spricht:

Seht doch den blauen Wundersmann,

Seht Deutschlands neuen Shakespear an!

  • Hier wird behauptet, dass das "ganze Volk", also alle ohne die Kritiker, sich auf diese Selbstbespiegelung einlässt und sie nicht durchschaut.


Da leset, habt ihr Kraftgefühl,

Da leset ’mal mein Trauerspiel!

  • Hier hat man das Gefühl, dass das Kraftgenie einfach etwas raushaut und nur drauf vertraut, dass die Leser genauso denken und fühlen wie es selbst.

 

Erhub sich je in aller Welt

Ein Deklamator wie mein Held,

Mit Pfauenfedern schön geziert,

Und mit Metaphern ausstaffiert?

  • Rein rhetorische Frage, die das Gehabe und Getue des Kraftgenies lächerlich machen soll.

 

Lass sein, dass auch ein Rezensent

Mich einen Sprachverhunzer nennt,

 

Wie jammert mich der arme Wicht,

Er fühlt die Seelenschwungkraft nicht,

Den Genius, der hoch mich hebt,

In meinen Werken lebt und webt. –

  • Diese beiden Strophen zeigen die Abgehobenheit gegenüber Kritik, die oben schon mal angesprochen worden ist.

 

Verschlangt ihr auch mein Liebeslied,

Das wie des Laurasängers glüht?

Sagt, ob nicht himmelan den Geist

Die wirbelnde Entzückung reißt?

  • Hier nimmt das Kraftgenie schon die Reaktion des Publikums auf ein Gedicht vorweg, natürlich in anmaßender Selbstüberhebung.

 

Nicht Einfalt und Empfindelei –

Genie ist wilde Fantasei,

Und desto größer der Poet,

Je minder ihn das Volk versteht. –

  • Hier kommt jetzt die abschließende Kritik.
  • Dem Kraftgenie wird wildes Fantasieren vorgeworfen
  • und Unverständnis der Leser als Basis der zugeschriebenen oder beanspruchten Größe.


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