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Kurzvorstellung des Barockgedichts von Simon Dach: "Letzte Rede einer vormals stolzen und gleich jetzt sterbenden Jungfrau"

mp3-Erklärung des Gedichtes herunterladen

Simon Dach

 

Letzte Rede einer vormals stolzen und gleich jetzt sterbenden Jungfrau

  • Es handelt sich um ein Gedicht der Barockzeit, das ist der Bereich des 30-jährigen Krieges, also die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts.
  • Und in der Zeit kam es durchaus mal vor, dass ein Gedicht eine solche lange Überschrift hatte.
  • Inhaltlich wird aber schon mal deutlich, dass es sich hier um zwei Welten im Leben eines Menschen handelt.
  • Auf der einen Seite gibt es die Zeit, in der man groß und stark ist. Daraus kann sich dann auch stolz entwickeln. Und wenn man sich Barockschlösser oder Barockkirchen anschaut, dann sieht man ja auch, wie prächtig sie ausgestaltet sind.
  • Neben dieser schönen Vorderseite der Welt und des Lebens gibt es in der Barockzeit aber auch immer das Denken an den Untergang all dieses Glanzes. Dabei kommt dann schnell auch der Tod ins Spiel.
  • Und hier kündigt der Titel nun an, dass dieses Gedicht die letzte Rede eine Frau präsentiert, die jetzt keinen Grund mehr hat, sich, wichtig und stolz zu fühlen. Denn sie steht am Ende ihres Lebens. Und hat nur noch den Tod vor Augen.
  • Anregung: Es lohnt sich sicherlich, mal zu überlegen, was heute ein Mensch sagen könnte, der das Ende seines Lebens heran kommen sieht. Dann wird nämlich der Kontrast deutlicher zu dem, was im Barock üblich war. Und wir werden sehen, dass dieses Gedicht ziemlich genau das Denken dieser Zeit widerspiegelt.

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Ich armer Madensack! der ich vor wenig Wochen

Belebt, gerad und schön gleich einem Hirsche ging

Und hoch geehret wart und manchen Gruß empfing

Lieg hier nun hergestreckt und bin nur Haut und Knochen;

  • Wenn man sich die erste Strophe anschaut, dann merkt man gleich, wie drastisch man in der Barockzeit die Dinge beschrieben hat.
  • Eine früher schöne Frau bezeichnet sich hier nur noch als Madensack, also als eine Ansammlung von kleinen Tieren, die zum Beispiel in totem Fleisch zu finden sind.
  • Dazu kommt der Hinweis, dass sie jetzt lang hingestreckt ist, also schwach und sich nicht mehr so schnell bewegen kann, wie sie das früher getan hat.
  • Im Kontrast dazu beschreibt sie sich früher als ein Wesen, das sich so stolz aufrecht präsentieren konnte wie ein Hirsch.
  • Außerdem gehörte zu dem früheren Leben, dass man geehrt und geachtet wurde, also eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft spielt.

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Die Glieder sterben mir, die Augen sind gebrochen.

War dieses, dass ich mich mit Golde so behing?

Ihr Freunde, haltet Mund und Nase zu, ich stink.

Ach Gott! so wird mein Pracht und Übermut gerochen! [gerächt, bestraft]

  •  Die zweite Strophe beschreibt zunächst noch mal den Verfall des Körpers. Es folgt die Frage, ob sich für so einen Zustand überhaupt das ganze Bemühen um Schönheit und Glanz gelohnt hat.
  • Die dritte Zeile der Strophe ist dann noch heftiger, weil diese Frau sogar die Leute, die um sie herum sind, vor dem Gestank warnt, der von dir ausgeht.
  • Am Ende steht eine Art Einsicht beziehungsweise Klage. Die Frau sieht ihren jetzigen Zustand als Strafe (Rache) für ihr früheres Streben nach Pracht und ihren Übermut, also ihr zu großes Selbstbewusstsein.

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Ihr Jung- und Frauen kommt, kommt spiegelt euch in mir!

Lernt hier, was Hochmut sei, was Stand, Gestalt und Zier!

Ihr seht, ich muss davon, mein Leben will sich schließen.

  • In der dritten Strophe ruf die Frau jetzt andere Frauen, die sich noch im Zustand des Stolzes finden, auf, ihr Denken zu ändern. Sie sollen also bereits in der Jugend an den Tod denken.
  • Ziel dabei soll sein, dass man Dinge, die man in der Jugend für wichtig hält, infrage stellt. Dazu gehört zum einen Hochmut, also ein zu hohes Selbstgefühl. Aber auch der Stand, dem man angehört (z.B. Adel), die Schönheit der Gestalt und das, was man so Verschönerung seines Lebens einsetzt (Outfit, Schmuck) soll überprüft werden.
  • Am Ende noch mal die Aufforderung, das Leben von seinem Ende her zu betrachten, so wie es ihr gerade geht.

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Lebt alle wohl, und habt euch stets in guter Acht!

Gedenkt wie mich der Tod so scheußlich hat gemacht!

Ich tanzte nur voran, ihr werdet folgen müssen.

  • Der letzten Strophe verabschiedet sich die sterbende Frau von den anderen Menschen und ermahnt sie noch mal, auf sich selbst aufzupassen.
  • Sie sollen noch einmal wahrnehmen, wie das Ende eines Lebens aussieht (scheußlich).
  • Und dann am Ende der Hinweis darauf, dass sie ja nur vorangeht und den anderen das gleiche Schicksal droht.

Zur Form:

  • sechshebiger Jambus mit einer "Zäsur", einem Bruch in der Mitte. Das Fachwort dafür ist "Alexandriner".
  • Dann zwei Strophen mit vier Zeilen = Quartette
  • und zwei Strophen mit drei Zeilen = Terzette
  • Diese Gedichtform etwas nennt man ein "Sonett".
  • Häufig unterscheiden sich die beiden Quartette inhaltlich von den Terzetten.
  • Hier zeigen die ersten beiden Strophen die Situation der Sterbenden
  • und die letzten beiden dann den Appell an die noch jüngeren Menschen.

Zum Inhalt und zur Aussage des Gedichtes

  • Es zeigt sich eine heute schwer vorstellbare Sicht auf das Leben: Es soll vom in der Regel nicht so schönen Ende her betrachtet werden.
  • Das vermindert natürlich die Freude an der Gegenwart und passt nicht zu heutigen Lebensregeln, die eher sagen: "Lebe im Jetzt!"
  • Hier bietet sich eine Diskussion an: Die Wahrheit kann ja auch irgendwo dazwischen liegen.
  • Hilfreich könnte eine Erklärung sein: In der Barockzeit ging man fest davon aus, dass nach dem irdischen Leben ein schöneres himmlisches folgt. Dafür musste man aber bestimmte religiöse Bedingungen erfüllen. Und so kann man dieses Gedicht eben auch so verstehen, dass es damals sagen wollte: Verhaltet euch in diesem Leben so, dass ihr im nächsten Leben in den Himmel kommt und nicht in die Hölle.


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