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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)
Wir versuchen es vor allem mit
Bildern - aber natürlich auch mit
verständlichen Texten.
Analysieren Sie den folgenden Gedichtauszug unter besonderer Berücksichtigung literaturgeschichtlicher Bezüge!
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781),
An den Herrn Marpurg
über die Regeln der Wissenschaften zum Vergnügen;
besonders der Poesie und Tonkunst
(Auszug)
Vom Setzen, Dichten, Malen,
Lehrt auch das kleinste Buch, wo nichts verstehn, doch prahlen.
Der Schwätzer hat den Ruhm: dem Meister bleibt die Müh.
Das ist der Regeln Schuld, und darum tadl' ich sie.
05 Doch meinet man vielleicht, dass sie dem Meister nützen?
Man irrt; das hieß die Welt mit Elefanten stützen.
Ein Adler hebet sich von selbst der Sonne zu;
Sein ungelernter Flug erhält sich ohne Ruh.
Der Sperling steigt ihm nach, so weit die Dächer gehen,
10 Ihm auf der Feueress, wanns hoch kommt, nach zu sehen.
Ein Geist, den die Natur zum Mustergeist beschloss,
Ist, was er ist, durch sich; wird ohne Regeln groß.
Er geht, so kühn er geht, auch ohne Weiser sicher.
Er schöpfet aus sich selbst. Er ist sich Schul und Bücher.
15 Was ihn bewegt, bewegt; was ihm gefällt, gefällt.
Sein glücklicher Geschmack ist der Geschmack der Welt.
Wer fasset seinen Wert? Er selbst nur kann ihn fassen.
Sein Ruhm und Tadel bleibt ihm selber überlassen.
Fehlt einst der Mensch in ihm, sind doch die Fehler schön;
20 Nur seine Stärke macht, dass wir die Schwäche sehn.
Anmerkungen zum Text:
Überschrift: Beim Herrn Marpurg ist von einem Dichterkollegen auszugehen, an den sich Lessing in einem Gedicht wendet.
01 Setzen = Tonsetzen, Musikstücke schreiben
02 „wo nichts verstehn“: Gemeint ist: „die nichts verstehn“
04 „Regeln“: Hier sind Regeln für den Künstler gemeint, an die er sich zu halten hat.
06 „das hieß“: das hieße, das würde heißen bzw. bedeuten
10 „Feueress“: Schornstein
10 „wanns“: wenn es
11 „beschloss“: vorsah, machte
13 „Weiser“: Wegweiser
19 „Fehlt“: Hier im Sinne von „macht einen Fehler“