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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



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Eichendorff, "Die heilige Mutter"

Die heilige Mutter

  • Die Überschrift ist etwas ungewöhnlich, es sei denn, man bezieht sie sofort auf die Gottesmutter der Katholiken.
  • Auf jeden Fall kann man erwarten, dass das Heilige dieser besonderen Mutter im Text auch noch zum Vorschein kommt.



Es ist ein Meer, von Schiffen irr durchflogen,

Die steuern rastlos nach den falschen Landen,

Die alle suchen und wo alle stranden

Auf schwanker Flut, die jeden noch betrogen.

  • Die erste Strophe präsentiert dann ein Bild, das so unrealistisch negativ gestaltet ist, dass man am besten gleich von der Deutungshypothese ausgeht, dass dieses Meer wohl für das Leben der Menschen steht.
  • Unklar bleibt, ob es sich nur auf einen Teil der Menschheit bezieht oder auf die Menschheit insgesamt.
  • Auf jeden Fall ist das Treiben dieser Schiffe bestimmt durch Schnelligkeit, irgendeine Art von Irrsinn und falsche Zielvorstellungen.
  • Behauptet wird zuletzt, dass alle diese Schiffe auch noch stranden, weil sie ihre Meeresumgebung falsch eingeschätzt haben.

 

Es ist im wüsten Meer ein Felsenbogen,

An dem die sturmgepeitschten Wellen branden

Und aller Zorn der Tiefe wird zuschanden,

Die nach dem Himmel zielt mit trüben Wogen.

  • Die zweite Strophe hat wieder vier Strophen und wenn man dann schon mal einen Blick auf die letzten beiden wirft, erkennt man, dass Eichendorff die Sonett-Form gewählt hat. Das wird insofern interessant, weil zwischen den Terzetten und Quartetten häufig sich etwas verändert.
  • Nach der Beschreibung all des Negativen in der ersten Strophe wird hier ein Felsenbogen als weiteres Bildelement eingebracht, das der gefährlichen Flut siegreich etwas entgegen setzt.

 

Und auf dem Fels die mildeste der Frauen

Zählt ihre Kinder und der Schiffe Trümmer,

Still betend, daß sich rings die Stürme legen.

  • Im ersten Terzett wird jetzt die Überschrift aufgenommen, nämlich die heilige Mutter als die mildeste der Frauen präsentiert.
  • Sie steht auf dem Felsen und beobachte zunächst mal sicherlich mitfühlend das Geschehen
  • und tut das, was Heilige in der Regel tun, nämlich in einer bestimmten Situation um eine Verbesserung der Situation zu beten.

 

Das sind die treuen Augen, himmelblauen -

Mein Schiff versenk ich hinter mir auf immer,

Hier bin ich, Mutter, gib mir deinen Segen!

  • Die letzte Strophe geht dann noch etwas genauer auf diese fürsorgliche Person ein, spricht ihr treue Augen zu, die himmelblau sind.
  • Das könnte einmal eine Anspielung auf einen höheren als den rein atmosphärischen Himmel sein.
  • Man könnte auch prüfen, ob die Farbe Blau bei der oben bereits angesprochenen Muttergottes Maria eine besondere Rolle spielt und sie vielleicht kennzeichnet.
  • Die letzten Zeilen beziehen sich auf das lyrische Ich selbst, das angesichts dieses rettenden Felsens und der heiligen Mutter auf ihm bereit ist, von sich aus das Schiff zu versenken und sich ihr anzuvertrauen und sie um ihren Segen zu bieten.


Aussagen Intentionalität

Das Gedicht zeigt

  1. eine gefährliche Situation,
  2. in der es allerdings ein Instrument der Rettung gibt,
  3. Dieses wird verbunden mit der Idee einer heiligen Mutter,
  4. die zumindest für die bedrohten Menschen bieten kann.
  5. Am Ende ein lyrisches Ich, das sich dieser Mutter bedingungslos anvertraut, in der Erwartung, ihren Segen zu bekommen.
  6. Überleitung zur Interpretation:
    Insgesamt ein Bild, das man am ehesten verstehen kann, wenn man es auf die Muttergottes der Katholiken bezieht. Das müsste allerdings näher geprüft werden.


Zu dieser Prüfung können zwei andere Gedichte Eichendorffs beitragen:


Das folgende Gedicht macht deutlich, dass Mutter und Maria für Eichendorff in einem engen Zusammenhang stehen, was die Deutungshypothese bestätigt.


Marienlied

 

Wenn ins Land die Wetter hängen

Und der Mensch erschrocken steht,

Wendet, wie mit Glockenklängen

Die Gewitter dein Gebet,

Und wo aus den grauen Wogen

Weinend auftaucht das Gefild,

Segnest du‘s vom Regenbogen — 

Mutter, ach, wie bist du mild!

 

Wenn‘s einst dunkelt auf den Gipfeln

Und der kühle Abend sacht

Niederrauschet in den Wipfeln:

O Maria, heil‘ge Nacht!

Lass mich nimmer wie die andern,

Decke zu der letzten Ruh‘

Mütterlich den müden Wandrer

Mit dem Sternenmantel zu.

Das hier folgende Gedicht passt zu der eher religiösen Bedrohungssituation im Ausgangsgedicht und unterstreicht die entsprechende Deutungshypothese.


Wacht auf!

 

Es ist ein Kirchlein zwischen Felsenbogen

So tief versteckt: wie in den alten Sagen

Hat nächtens drin die Glocke angeschlagen,

Weiß keiner, wer die Glocken hat gezogen.

   

Erwache, Steuermann! hoch gehn die Wogen;

Ihr Hirten auf, die Herden nach euch fragen;

Ihr Wächter sollt an Schloß und Hütten schlagen,

Wacht auf, wacht auf, bevor der Klang verflogen!

   

Denn Heerschau halten will in deutschen Gauen

Der Herr und zählen, die ihm treu geblieben,

Eh er den Engel mit dem Schwerte sendet.

   

Schon bricht's so dunkelrot durchs Morgengrauen,

Ob's Blut bedeutet oder feur'ges Lieben,

Es steht in Gottes Hand, die niemand wendet.

Dann noch ein weiterer Text von Eichendorff, in dem schon die Überschrift "Kirchenlied" einen deutlich religiösen Bezug setzt. Das Gedicht selbst ist dann nichts anderes als ein Loblied auf Maria.


Kirchenlied

 

O Maria, meine Liebe!

Denk ich recht im Herzen dein:

Schwindet alles Schwer' und Trübe,

Und, wie heller Morgenschein,

Dringt's durch Lust und ird'schen Schmerz

Leuchtend mir durchs ganze Herz.

 

Auf des ew'gen Bundes Bogen,

Ernst von Glorien umblüht,

Stehst du über Land und Wogen;

Und ein himmlisch Sehnen zieht

Alles Leben himmelwärts

An das große Mutterherz.

 

Wo Verlassne einsam weinen,

Sorgenvoll in stiller Nacht,

Den' vor allen läßt du scheinen

Deiner Liebe milde Pracht,

Daß ein tröstend Himmelslicht

In die dunklen Herzen bricht.

 

Aber wütet wildverkehrter

Sünder frevelhafte Lust:

Da durchschneiden neue Schwerter

Dir die treue Mutterbrust;

Und voll Schmerzen flehst du doch:

Herr! Vergib, o schone noch!

 

Deinen Jesus in den Armen,

Übern Strom der Zeit gestellt,

Als das himmlische Erbarmen

Hütest du getreu die Welt,

Daß im Sturm, der trübe weht,

Dir kein Kind verloren geht.

 

Wenn die Menschen mich verlassen

In der letzten stillen Stund‘,

Lass mich fest das Kreuz umfassen.

Aus dem dunklen Erdengrund

Leite liebreich mich hinaus,

Mutter, in des Vaters Haus!


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Dazu noch eine Anmerkung:

Wenn man sich ein wenig in Eichendorffs Gedichten auskennt, fällt einem die Formulierung in der zweitletzten Zeile auf. Die passt nämlich zu einer ähnlichen am Ende des Gedichtes "Die zwei Gesellen".
https://www.schnell-durchblicken2.de/unt-eichendorff-zwei-gesellen

Dort heißt es:


"Und seh ich so kecke Gesellen,
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ uns liebreich zu dir!"


Man sieht also, dass es sich hier um eine ähnliche Vorstellung handelt, nur dass sie im "Kirchenlied" deutlich mit Maria verbunden wird.



Wer noch mehr möchte



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