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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



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Das Teilthema "Widerstand" im Roman "Unter der Drachenwand

  • Hier denkt man natürlich als erstes an Robert Raimund Perttes, den sog. "Brasilianer", der ganz in der Nähe der Wohnung von Veit und Margot als Gärtner ein Gewächshaus bewirtschaft.
  • Bezeichnend ist, dass dort Orchideen eine große Rolle spielen - also exotische Blumen. Sie stehen zum einen für die Wahlheimat des Mannes, Brasilien, aber auch im übertragenen Sinne für ihn selbst - auch er ist ein Exot.
  • Veit interessiert sich für diesen Mann vor allem, weil an ihm "der Hebel zur Gleichschaltung nicht umgelegt worden war“ (EB104).
  • Dazu kommt, dass dieser Mann sich noch an ein ganz anderes Leben erinnern kann:
    "In Brasilien habe er vor lauter Freude am Leben keinen Schlaf gefunden, hier wegen der Kälte“. (EB54)
  • Dort hat er „stille, träumerische, sinnliche Menschen“ (EB236) um sich gehabt, nicht diese „europäischen Maschinenmenschen“ (EB235).
  • Dazu kommt der Vergleich der Lebensumstände, den ganz eindeutig Brasilien gewinnt:
  • „Nicht frieren, weil in Südamerika die Energie aus dem Himmel fällt.
  • Nicht hungern, weil in Südamerika Früchte, Fische, Würmer und Krokodileier nicht rationiert sind.
  • Nicht in Angst leben, weil die sogenannten Wilden bessere Menschen sind als die europäischen Maschinenmenschen."
  • Das Problem ist nun, dass dieser Brasilianer nicht nur eine ganz andere und vor allem freiere Welt im Kopf und im Herzen hat, sondern dass der die ihn jetzt umgebende NS-Gesellschaft vor diesem Hintergrund prüft und dann auch sehr lautstark und in den Formulierungen zum Teil sehr radikal verurteilt:
  • Ganz allgemein ist für den Brasilianer das Deutsche Reich „ein auf Grund gelaufenes Sklavenschiff, zuerst müsse er die Ketten loswerden“, bevor er seine "Befreiungsfahrt" (EB237) nach Brasilien antreten kann.
  • Was die NS-Ideologie angeht, so stellt er im Hinblick auf Brasilien fest: Dort "vermischen sich die Rassen ganz selbstverständlich". Das ist natürlich in seinem aktuellen Umfeld eine Todsünde.
  • Eine noch relativ harmlose Strafmaßnahme ist, dass ihm "wegen einer unüberlegten Bemerkung über den F. die Ehrenrechte eines Deutschen aberkannt worden waren“ und er deshalb keinen Gehilfen für seine Arbeit bewilligt bekommt.
  • Zum Verhängnis werden ihm zwei Vorfälle:
  • Der erste (EB136) spielt sich in einer Kneipe ab, wo man ihm wegen Trunkenheit mildernde Umstände zubilligen kann. So bringt ihm eine Bemerkung zum Propagandaminister Goebbels eine mehrmonatige Gefängnisstrafe ein, in der er auch gefoltert wird.
    "für den Ziegenfuß finde sich hoffentlich bald eine gestrenge und gut gebaute Krankenschwester, die ihm eine für Geisteskranke gemachte Jacke anziehe." (EB137)
  • Die zweite allerdings (EB268) bringt ihn in absolute Lebensgefahr, aus der er durch Veits Mord an seinem Onkel gerettet wird.
  • Hier spricht er von den NS-Größern ganz offen gegenüber seinem Schwager Dohm von "Verbrechern", "gegen die Nero, Tiberius und Caligula sittliche Größen seien".
  • Und was Hitler angeht, so fordert er sein Gegenüber auf: "Geh doch zu deinem F., der dem grausigen Europäertum den letzten Ansporn zu Gewalt und Unvernunft gegeben hat, und kriech ihm in den Arsch, bis nur mehr die Stiefel herausschauen." (EB268)
  • In der Nachbemerkung erfahren wir, dass er seine Wahlheimat Brasilien wieder erreicht und den Nationalsozialismus überlebt hat.

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  • Veit verbindet den Nationalsozialismus vor allem mit dem Krieg und seinen entsprechenden Gefahren. So kritisiert er gleich am Anfang die Vergabepraxis bei Orden, die nur den begünstigt, der zufällig überlebt hat. Letztlich eine Motivation, weiter zu kämpfen und für andere ein entsprechendes Vorbild zu sein.
  • Besonders leidet er unter seinem Vater, der eine nur positive Einstellung zur NS-Herrschaft hat. In den Streitgesprächen wird deutlich, dass Veit zumindest ansatzweise anders denkt.
  • Allerdings gibt er auch selbst zu, dass die NS-Erziehung ihn geprägt hat.
  • Im Verlauf des Romans wird aber immer deutlicher, dass Veit die verbrecherischen Erscheinungen des Einsatzes der Wehrmacht sieht und eine entsprechende Gegenantwort der Unterdrückten nach einer Niederlage erwartet. (EB276)
  • In diesen Zusammenhang gehört auch sicher der andeutungsweise kritische Hinweis auf den Umgang der Nazis mit Behinderten. (EB11) Allerdings ist der Hinweis so diskret, dass man nicht so recht weiß, dass der kritische Impuls wirklich von Veit kommt oder vom Autor gewissermaßen mit zusätzlicher Bedeutung aufgeladen worden ist.
  • Wieder ganz Veit gehört die historische Erinnerung an die Nibelungen, die verblendet in den eigenen Untergang zogen (EB354)
  • Zu den kritischen Andeutungen gehört auch die Beschreibung der Art und Weise, wie die Nazis mit den Niederlagen der Wehrmacht umgehen, die sie sich schönreden. (EB162)
  • Zur Vergrößerung der Distanz zum NS-System trägt natürlich auch der Umgang mit Margot bei und die damit verbundene Erfahrung echter Liebe. So kann Veit am Ende des Romans für sich feststellen, dass er mit Margot zusammen "endlich ein eigenes Leben" hat.
  • Allerdings zahlt er dafür auch einen Preis, nämlich das Heraufbeschwören einer ähnlichen Gefahr, wie sie dem Brasilianer droht, wenn er Dokumente fälscht, um länger dem Kriegsdient fernbleiben zu können.
  • Wie groß die damit verbundene Gefahr ist, wird am Beispiel eines Vaters und seines Sohnes verdeutlicht, die wegen einer Schwarzschlachtung geköpft werden. Eine andere Frau wird schon dafür bestraft, weil sie sich einen Vorteil beim Zugfahren verschafft hat.

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  • Auch Kurts Vater macht in einer Bemerkung gegenüber seinem in den Krieg ziehenden Sohn deutlich, dass er neben der Uniform immer auch Privatkleidung dabeihaben sollte, was letztlich den Rat zu desertieren beinhaltet. (EB357) Aber das ist eher der Versuch, die eigene Haut zu retten als eine politische Haltung.
  • Von daher bleibt als Fazit, dass der Brasilianer im wesentlichen und unverändlich eine zutiefst menschliche Abwehrhaltung gegenüber dem verbrecherischen Totalitarismus der Nazis zeigt, während das bei Veit stark mit dem Krieg zusammenhängt, aber auch zunehmendes kritisches Bewusstsein zeigt. Bei ihm ist die Gegenwelt aber eher seine Hoffnung auf ein normales Leben mit Studium und die für ihn neue Welt der Liebe mit Margot.




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