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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



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Das Teilthema "Schuld" im Roman "Unter der Drachenwand

  • Wichtig bei diesem Thema ist, den Ansatz des Autors ernstzunehmen und nicht von heute auszugehen. Vielmehr geht es darum, wie die Figuren das selbst sehen - und natürlich besonders der Protagonist Veit Kolbe.
  • Am besten geht man von dem Kapitel „Seit es mit Margot“ aus, denn dort gibt es im Schlussteil wichtige Erzählteile und auch Einsichten:
  • Veit ist auf dem Rückweg von seiner letzten Untersuchung, die ihn zwingt, nach einer kurzen Frist von zwei Tagen, wieder an die Front zurückzukehren.
  • Er sieht zunächst ihm sinnlos erscheinende Abwehrbaumaßnahmen gegen die vorrückende Sowjetarmee. Die immer wieder voll laufenden Gräben sind für ihn "Pissgruben" und "Teil der moralischen Konkursmasse". An diesem Zitat wird deutlich, dass Veit den Krieg nicht einfach nur als militärische Auseinandersetzung sieht, sondern auch als einen Fall von moralischem Versagen. Am besten verbindet man das mit einer früheren Einsicht, dass die mörderische Brutalität, mit der die Wehrmacht im Osten vorgegangen ist, eines Tages gegen die Deutschen insgesamt zurückschlagen würde. Und auch die Mutter von Margot hat ja Angst davor, Teil von Wiedergutmachungsarbeiten in Sibirien zu werden (vgl. EB214).
  • Es folgt die Beschreibung, wie ein Häftling von einem Wachmann totgeschlagen wird, was bei Veit zu "tatenlosem Entsetzen" führt.
  • Dann die kurze Begegnung mit dem dem jüdischen Zwangsarbeiter Oskar Meyer, den er nicht kennt, der aber für den Leser über ein bestimmtes Halstuch kenntlich gemacht wird. Seine Augen sind "voller Vorwurf" und später ist sogar von "verstecktem Hass" die Rede. Hier wird deutlich, wie die Untaten vieler letztlich allen zugerechnet werden, die zu ihrem Umfeld gehören.
  • Es ist bezeichnend, dass Veit das alles direkt danach so zusammenfasst: "Ja, schade, dass das, was hinter mir liegt, nicht geändert werden kann. Was ich in den vergangenen sechs Jahren begriffen habe, ist, dass die Weisheit hinter mir hergeht und selten voraus."
  • Es folgt ein Rückblick auf Erschießungen in der Ukraine: "Aber ich war so sehr mit meinem eigenen Los beschäftigt gewesen, dass ich mir gedacht hatte: Was gehen mich die Juden an? / Einmal besuchte mich Fritz Zimmermann, er erzählte mir manches Detail, wie es zuging in Wjasma Schitomir Winniza, dabei saßen wir in meinem LKW, und draußen rauschte ein furchtbarer Sommerregen hernieder, das gab den Berichten von Fritz Zimmermann etwas Unwirkliches. / Heute kann ich den Sommerregen und die Erzählungen trennen, sie gehören nicht zusammen."
    Hier wird deutlich, dass er nachträglich doch die Untaten und damit auch sein Verstricktsein mehr begreift als in der damaligen Gegenwart.
  • Danach eine sehr kurze, aber umso erschütternde Einzelszene, bei der ein jüdischer Friseur wegen eines kleinen Fehlers einfach mal so erschossen wird.
  • Dann überlegt Veit, wie sein Verhältnis zu den allgemeinen Erschießungssituationen hätte sein können. Am Ende kommt das Entscheidende, nämlich der Hinweis auf eine Entwicklung, der den Einzelnen scheinbar entlastet, aber zugleich auch wieder nicht: "Nie hätte ich gedacht, dass ich je über solche Dinge nachdenken müsste. Denn über so etwas nachdenken heißt, sich damit vertraut machen, das heißt. den Begriff von Normalität verändern, langsam in eine andere Normalität hinüberwechseln"

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  • Unbedingt im Auge behalten sollte man natürlich den einzig ganz klaren Fall, bei dem Veit persönlich schuldig wird, nämlich den Mord an seinem Onkel, bei dem man nur den Einfluss des Aufputschmittels Pervitin schuldmindernd berücksichtigen könnte.

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Insgesamt also

  • sehr deutliche Hinweise auf die Untaten, die "in deutschem Namen", wie man so "schön" sagt, verübt worden sind
  • und durchaus die Erwartung, dafür auf irgendeine Art und Weise auch kollektiv zur Rechenschaft gezogen zu werden.
  • Wichtig ist auch hier ein Entwicklungsprozess, der Veit klarmacht, dass er nicht nur Opfer des Krieges ist, sondern eben auch zu den Tätern gehört und in ihren Verbrechenszusammenhang zumindest verstrickt ist.
  • Demgegenüber gibt es offensichtlich keine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Schuld am Tod des Onkels.


Wer noch mehr möchte



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