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Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



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Goethe, "Iphigenie auf Tauris" - Akt V - Inhalt, Schlüssel-Textstellen und Detai-Interpretation

  • Wir geben hier einen schnellen Überblick über den Inhalt der Akte und Szenen, verbinden das aber gleich mit dem Hinweis auf Schlüssel-Textstellen, die man sich gut in der eigenen Textausgabe anstreichen kann.
  • Soweit nötig bzw. interessant geben wir auch Hinweise zur Interpretation einzelner Stellen.
    ---
  • Dies hier ist als Basis für ein Video gedacht, das wir noch erstellen werden.
  • Ein früheres Video behandelt die Vorgeschichte dieses Dramas, d.h. vor allem die Familiengeschichte der Iphigenie.
    Zu finden ist es unter:
    Videolink
    https://youtu.be/-e7igK0F2d4
  • Die zugehörige Dokumentation ist hier zu finden:
    https://www.schnell-durchblicken2.de/iph-klassik-idee-mythos

Szene V,1:

  • Arkas fasst gegenüber König Thoas die aktuelle Situation so zusammen (1767ff):
    "Verwirrt muss ich gestehn, daß ich nicht weiß, /  Wohin ich meinen Argwohn richten soll."
    Er nennt die folgenden Gründe dafür:
  • Fluchtpläne der Gefangenen,
  • die Verzögerungsmanöver Iphigenies mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Reinigung des Heiligtums,
  • dazu das Gerücht von einem Schiff, das in einer Bucht versteckt bereit liegen soll.
  • König Thoas bleibt ganz ruhig und gibt nur entsprechende Anweisungen.

Szene V,2:

  • König Thoas äußert in einem Monolog dann auch seine Unsicherheit (1783ff):
  • "Entsetzlich wechselt mir der Grimm im Busen;
    Erst gegen sie, die ich so heilig hielt;
    Dann gegen mich, der ich sie zum Verrat
    Durch Nachsicht und durch Güte bildete.
    "
  • Man merkt hier deutlich, dass der König seine Schuldursachen sieht für die Situation, die er nicht akzeptieren kann und will: Zum einen den "Verrat" Iphigenies, zum anderen die "Nachsicht" und die "Güte", die das überhaupt erst mal ermöglicht hat.
  • Was Iphigenie angeht (1799ff):
  • "Sie sinnt sich nun ein eigen Schicksal aus.
    Durch Schmeichelei gewann sie mir das Herz:
    Nun widersteh' ich der; so sucht sie sich
    Den Weg durch List und Trug, und meine Güte
    Scheint ihr ein alt verjährtes Eigentum."
  • Thoas weiß jetzt, dass seine Pläne mit Iphigenie nicht aufgehen können, dass sie sich ein eigenes "Schicksal", eine eigene Zukunft sucht. Er wirft ihr "Schmeichelei" vor, also ein unechtes Verhalten, und jetzt, wo das nicht mehr funktioniert einen "Weg durch List und Trug." Das wiederum wird für ihn nur möglich, weil seiner Meinung nach Iphigenie glaubt, seine "Güte" sei weiterhin ihr "Eigentum", er würde sich das also gefallen lassen.

Szene V,3:

  • Thoas fragt nach dem Grund der Verzögerung und ist sehr misstrauisch.
  • Schließlich merkt man, wie bei Iphigenie langsam ein Entschluss heranreift (1892ff)
  • "Hat denn zur unerhörten Tat der Mann
    Allein das Recht? Drückt denn Unmögliches
    Nur er an die gewalt'ge Heldenbrust?
    Was nennt man groß? Was hebt die Seele schaudernd
    Dem immer wiederholenden Erzähler?
    Als was mit unwahrscheinlichem Erfolg
    Der Mutigste begann."
  • Bald merkt man dann, was Iphigenie mit "Unmögliches" gemeint hat (1912ff):
  • "Auf und ab
    Steigt in der Brust ein kühnes Unternehmen:
    Ich werde großem Vorwurf nicht entgehn,
    Noch schwerem Übel wenn es mir misslingt
    Allein Euch leg' ich's auf die Kniee! Wenn
    Ihr wahrhaft seid, wie ihr gepriesen werdet;
    So zeigt's durch euern Beistand und verherrlicht
    Durch mich die Wahrheit!"
  • Dann verrät Iphigenie alles, was der König noch nicht weiß, die Identität der Gefangenen und ihre Vorbereitung der Flucht und des Raubes des Standbildes der Diana.
  • Thoas ist zunächst einmal positiv überrascht, dass er hier moralisch mit den Griechen auf eine Stufe gestellt wird. Das ist natürlich die Sicht der Klassik der Goethezeit, denn die Griechen selbst nannten ja nicht von ungefähr alle, die nicht griechisch sprachen "Barbaren" und fühlten sich ihnen kulturell überlegen.
  • Thoas (1937ff):
    "Du glaubst, es höre
    Der rohe Scythe, der Barbar, die Stimme
    Der Wahrheit und der Menschlichkeit, die Atreus,
    Der Grieche, nicht vernahm?"
  • Iphigenie dazu (1939ff):
    "Es hört sie jeder,
    Geboren unter jedem Himmel, dem
    Des Lebens Quelle durch den Busen rein
    Und ungehindert fließt."
  • 1953ff: Dann aber äußert Thoas den Verdacht, dass Iphigenie Opfer eines Betrugs geworden sei.
  • 1957ff: Iphigenie hält zunächst einfach dagegen:
  • "Nein! o nig, nein!
    Ich könnte hintergangen werden; diese
    Sind treu und wahr."
  • 1967: Und dann erinnert sie den König an das einst gegebene Versprechen
  • Lass mich mit reinem Herzen, reiner Hand,
    Hinübergehn und unser Haus entsühnen.
    Du hältst mir Wort!--Wenn zu den Meinen je
    Mir Rückkehr zubereitet wäre, schwurst
    Du mich zu lassen; und sie ist es nun."
  • Und das verbindet sie geschickt mit der Erwartung, dass ein König seine Versprechen auch hält - ein zweiter Hinweis, dass sie Thoas Edelmut zutraut.
  • Am Ende der Szene ist Thomas recht beeindruckt (1986):
  • "Wie oft besänftigte mich diese Stimme!"
  • Letzte Widerstände versucht Iphigenie so auszuräumen (1991):
  • "Der Zweifel ist's, der Gutes böse macht.
    Bedenke nicht; gewähre, wie du's fühlst."

Szene V,4:

  • Orest erscheint und fordert seine Leute auf in schwieriger Lage die Flucht zu sichern.
  • Iphigenie fordert dann im Hinblick auf Thoas (2003ff)
  • "Verehr' in ihm
    Den König, der mein zweiter Vater ward
    !"
  • Und dann sagt sie ihm die Wahrheit über die aktuelle Situation (2005ff):
  • "Verzeih mir, Bruder! doch mein kindlich Herz
    Hat unser ganz Geschick in seine Hand
    Gelegt. Gestanden hab' ich euern Anschlag
    Und meine Seele vom Verrat gerettet."

    Besonders der Schluss ist natürlich hier von besonderer Bedeutung. Iphigenie macht damit deutlich, dass sie nach einigen moralischen Abweichungen zur Ehrlichkeit und Wahrheit zurückgekehrt ist.
  • Orest lässt sich dann auf eine Art Waffenstillstand ein und will seine Schwester als Priesterin erst mal anhören.

Szene V,5:

  • Pylades erscheint und später auch Arkas.
  • Sie sorgen dafür, dass der verabredete Waffenstillstand von ihren Leuten eingehalten wird.
  • Bei Orest ist interessant, dass er den Auftrag so formuliert:
  • "... harret still, welch Ende / Die Götter unsern Taten zubereiten." (2025f)
  • Hier wird deutlich, dass zumindest nach außen hin die Götter noch Vorrang haben, was dem neuklassischen Ansatz Goethes an anderer Stelle widerspricht.

Szene V,6:

  • Zunächst geht es um die Frage, ob das Schwert zwischen Orest und Toas entscheiden soll.
  • Um die Wahrheit über die Identität von Orest herauszubekommen, sollen gewissermaßen die Waffen entscheiden - wie bei einem Gottesurteil.
  • Bezogen darauf erklärt Iphigenie (2076):
  • "Mich selbst hat eine Sorge gleich gewarnt,
    Dass der Betrug nicht eines Räubers mich
  • Vom sichern Schutzort reiße, mich der Knechtschaft
  • Verrate. Fleißig hab ich sie befragt,
    Nach jedem Umstand mich erkundigt, Zeichen
    Gefordert, und gewissß ist nun mein Herz
    ."
  • Sicherheit gegeben hat ihr:
  • ein Geburtsmal an der rechten Hand
  • eine Schramme am Kopf, für die Elektra verantwortlich ist.
  • Dazu kommt für sie die Ähnlichkeit Orests mit seinem Vater
  • und "das innre Jauchzen meines Herzens" (2093)
  • Ab 2094 verweist Thoas auf das noch offene Problem des geplanten Raubes der Statue der Göttin.
  • Ab 2107 macht Orest deutlich, dass es sich hier um ein Missverständnis des Spruchs des Gottes Apollo gehandelt hat: Es geht nicht um seine Schwester, die Göttin, und damit deren Statue, sondern um die eigene Schwester des Orest, also Iphigenie.
  • Ab 2136 mühen sich zunächst Orest und ab 2146 dann Iphigenie, den König zu milde zu bewegen:
  • "Sieh uns an! Du hast nicht oft
    Zu solcher edeln Tat Gelegenheit.
    Versagen kannst du's nicht; gewähr' es bald
    ." (2148ff)
  • Daraufhin antwortet Thoas zunächst mit dem noch ziemlich zurückhaltenden: "So geht!"
  • Das reicht aber Iphigenie nicht:
  • Nicht so, mein König! Ohne Segen,
    In Widerwillen scheid' ich nicht von dir.
    Verbann' uns nicht! Ein freundlich Gastrecht walte
    Von dir zu uns: so sind wir nicht auf ewig
    Getrennt und abgeschieden
    ." (2151ff)
  • Direkt danach entwickelt Iphigenie ein anschauliches Bild, wie freundlich sie künftig jeden Boten des Königs behandeln will.
  • Und als sie schließlich zum König sagt:
  • "Leb wohl! Oh wende dich zu uns und gib ein holdes Wort des Abschieds mir zurück!" (2168ff)
  • Bekommt sie tatsächlich ein
  • "Lebt wohl!" (2174)
  • Womit das Stück harmonisch schließt.

Zusammenfassung des V. Aktes unter dem Aspekt der "Auflösung des Konflikts"

  • Der letzte Akt des klassischen Dramas löst den Konflikt - in der Tragödie häufig im Untergang - wie zum Beispiel in Schillers "Kabale und Liebe", wo die beiden Liebenden am Ende durch Gift sterben.
  • Goethe mochte so etwas nicht und so hat er auch hier ein versöhnliches, harmonisches Ende konstruiert.
  • "Konstruiert" insofern, als es keinen wirklichen Interessenausgleich am Ende gibt. Iphigenie und ihr Bruder bekommen eigentlich alles - Thoas verliert die Priesterin und muss sich mit einer Art Fern-Freundschaft begnügen.
  • Sein Bild der Göttin darf er allerdings behalten.
  • Dennoch lohnt es sich, über Adornos Einschätzung nachzudenken, wie sie in einem Aufsatz von Fabian Bross zitiert wird:
    http://fabianbross.de/Klassik.html
  • Danach hat der berühmte Philosoph festgestellt, dass „der Skythenkönig, der real weit edler sich verhält als seine edlen Gäste, allein, verlassen, übrig ist.“
  • Entscheidend ist letztlich zum einen Iphigenies mutiger Sprung in die Wahrheit - mit vollem Risiko und deshalb auch direkt danach mit der verzweifelten Befürchtung, sie könnte damit den Untergang ihres Bruders beschworen haben.
  • Zum anderen ist da eben dieser Thoas, der laut Adorno am Ende eben einsam, verlassen übrigbleibt - und in all der Gefahr der Kinderlosigkeit des Herrschers, die er vorher aufgeführt hat. Aber neben der "schönen Seele" Iphigenie ist er gewissermaßen ein ideales Ergebnis von Selbst-Bildung ganz im klassischen Sinne - wie Schiller es sieht:
    "Wir sind frei, und sie [die Naturgegenstände] sind notwendig; wir wechseln, sie bleiben eins. Aber nur, wenn beides sich miteinander verbindet — wenn der Wille das Gesetz der Notwendigkeit frei befolgt und bei allem Wechsel der Phantasie die Vernunft ihre Regel behauptet, geht das Göttliche oder das Ideal hervor."
    (zitiert nach:
    https://www.isc.meiji.ac.jp/~mmandel/weimarer_klassik.html)

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