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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



Auswertung wissenschaftlicher Zitate - Beispiel: Büchner, "Woyzeck"

Auswertung von Zitaten aus der Wissenschaft: Beispiel "Woyzeck"

  • Büchners Dramenfragment "Woyzeck" ist ein beliebtes Objekt wissenschaftlicher Betrachtung.
  • Dabei wird zum Teil eine Sprache verwendet, die Schülern Schwierigkeiten macht.
  • Deshalb zeigen wir im Folgenden, wie man so ein Zitat "knacken" und dann auch auswerten kann.

Der Textauszug, den man zum Beispiel hier finden kann, sieht in der Ausgangsfassung so aus:


Die verschiedenen Personen, aus deren Konfrontation mit Woyzeck die diversen Szenen hervorgehen, sind nach gesellschaftstheoretischen Gesichtspunkten entworfen, wodurch es Büchner vermeidet, bloß allgemeine und ewig-menschliche Interaktionsgruppen herzustellen. Die soziologische Strukturierung des Dramenpersonals ermöglicht Büchner die Wiedergabe von gesellschafticher Totalität: die Personen repräsentieren die wesentlichen sozialen Phänomene - ihr Ensemble baut den sozialen Raum auf. (Albert Meier, 1980)


Als erstes zerlegt man ihn in seine Satz-Bestandteile:

  • "Die verschiedenen Personen, aus deren Konfrontation mit Woyzeck die diversen Szenen hervorgehen,
  • Der Verfasser bezieht sich auf die Personen, besser: die Figuren, des Dramas,
  • stellt bei ihnen eine "Konfrontation mit Woyzeck" fest, was man zum Beispiel im Hinblick auf den Hauptmann oder den Doktor schnell nachvollziehen kann.
  • Außerdem behauptet er, dass die Szenen aus einer solchen Konfrontation hervorgehen, was auch leicht verständlich ist.
  • sind nach gesellschaftstheoretischen Gesichtspunkten entworfen,
  • Hier behauptet der Verfasser, dass sie nicht einfach so als individuelle Menschen von Büchner gestaltet worden sind,
  • sondern ... und das wird im folgenden Nebensatz klar:
  • wodurch es Büchner vermeidet, bloß allgemeine und ewig-menschliche Interaktionsgruppen herzustellen.
  • Die Alternative wäre eben gewesen "allgemeine" und "ewig-menschliche" Typen aufeinander treffen zu lassen.
  • D.h. Diese Figuren stehen nicht einfach für bestimmte Menschentypen, sondern dahinter steckt eine bestimmte Gesellschaftstheorie - und die wird gewissermaßen in den Figuren veranschaulicht.
  • Leider nennt der Verfasser diese Theorie nicht in dem kurzen Zitat.
  • Hier muss man entweder weiterlesen, wenn man das Buch hat
  • oder aber man überlegt, was gemeint sein könnte.
  • Und da steht der Hauptmann dann für den adligen Offizier, der nicht viel mehr im Hirn hat als seine Herkunft und den damit verbundenen Stolz und dann noch ganz besondere Ängste, die sich ergeben können, wenn eben die eigentliche Arbeit andere, die einfachen Soldaten tun müssen - und man selbst sich aufs Befehlen und Ausnutzen konzentrieren kann.
  • Hier schon mal eine kritische Anmerkung: Die Frage ist doch sehr, ob Büchner hier nicht mehr eine gesellschaftliche Gruppe karikiert hat als das Typische zu zeigen.
  • Ähnliches gilt für den Doktor, der wohl Militärarzt ist. Auch hier wird sicher einiges abgebildet, das typisch war für diese offiziersähnliche Gruppe, die zudem an Wissenschaft interessiert war - aber eher in der Weise, wie man ein Hobby betreibt - ohne Rücksicht auf die Opfer.
  • Die soziologische Strukturierung des Dramenpersonals ermöglicht Büchner die Wiedergabe von gesellschafticher Totalität:
  • Jetzt begründet der Autor eine zweite These mit einer ersten, die wir eben kritisiert haben.
  • Offensichtlich geht es ihm darum, Büchner zuzuschreiben, dass er die gesamte Gesellschaft abbildet - nur weil er angeblich sich auf bestimmte Vertreter soziologisch zu bestimmender Gruppen konzentriert.
  • Spätestens bei dieser zweiten These wird es völlig absurd, denn die beiden Figuren, an denen wir seine Thesen überprüft haben, stehen nun wirklich nicht für ein Gesamtbild der Gesellschaft.
  • Es wird Typisches angedeutet, aber auch individuell Skurilles.
  • Denn es gab sicher Offiziere, die einfach gestrickt waren, aber ihre Aufgabe ernster nahmen und nicht so viel Angst zeigten.
  • Und es gab auch gebildete Offiziere, die geistig und kulturell deutlich mehr zu bieten hatten.
  • Ähnliches gilt natürlich auch für die Ärzte.
  • die Personen repräsentieren die wesentlichen sozialen Phänomene -
  • Hier muss man das "repräsentieren" deutlich einschränken, weil eben Karikaturen vorliegen.
  • Auf das Problem der These von den "wesentlichen sozialen" Phänomenen sind wir schon eingegangen.
  • ihr Ensemble baut den sozialen Raum auf."
  • Das ist eine typische schöne Formulierung, die nett aussieht, aber eigentlich heiße Luft ist. Denn das Soziale hat immer mit Menschen zu tun - und jedes Ensemble, d.h. jede Figurenkonstellation entwickelt natürlich einen Raum, in dem die Menschen als soziale Wesen sich bewegen.

Übrigens lassen sich die angesprochenen Probleme des Zitats nicht durch Weiterlesen an der genannten Stelle lösen. Denn dort geht es so weiter:

  • "Trotz dieser Konzentration auf die Einzelszene
  • Es geht hier jetzt gar nicht mehr um die Soziologie des Stücks,
  • sondern des um einen anderen Aspekt, nämlich auf den, dass Büchner in seinem Fragment eben vor allem Einzelszenen präsentiert und einen stimmigen Gesamtablauf der Dramatik entweder nicht mehr geschafft hat oder auch gar nicht schaffen wollte.
  • ist eine Verklammerung der Auftritte zu beobachten,
  • Stattdessen bemüht sich der Verfasser jetzt um den Nachweis, dass die Auftritte, also die Szenen, dennoch verklammert sind.
  • die insbesondere durch eine konstante Bildlichkeit gewährleistet wird.
  • Diese Verklammerung wird der Bildlichkeit zugewiesen, die er für konstant, also letztlich für sich wiederholend hält.
  • Motive wie "Blut", "Tanz", "heiß/kalt" werden mit verschiedenen Figuren verbunden
  • Hier werden zwei bzw. drei Motive genannt, die mit den Figuren verbunden sind.
  • Das hätte man sich gerne näher ausgeführt gewünscht.
  • und stellen einen Zusammenhang her, der eine semantische Kontinuität des Stückes ermöglicht."
  • Das ist wieder so eine Behauptung, der man nicht viel anfangen kann.
  • Hier müsste der Verfasser schon deutlich sagen, was für eine Kontinuität er meint.
  • Die Bilder mögen Zusammenhänge herstellen,
  • schaffen aber sicher alleine nicht eine "semantische Kontinuität" des ganzen Stücks.

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