aa

www.einfach-gezeigt.de

Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



goethe-elegien

Zu Goethes "Römischen Elegien" und ihrer Bedeutung

Was man von den "Römischen Elegien" wissen sollte:

  1. Entstanden in der Zeit vom Herbst 1788 bis zum Frühjahr 1890.
  2. Beziehen sich auf Goethes Erlebnisse während der Italienischen Reise.
  3. Sie zeigen die neue Lebensform, die Goethe gesucht hatte, nachdem er sich etwa 10 Jahre im Staatsdienst durchaus bewährt, aber auch gequält hatte. In diesen Jahren hatte Goethe kaum etwas gedichtet.
  4. Die Elegien sind dichterisch gestaltete Lebenserfahrung.
  5. So ist zum Beispiel die 1. Elegie insofern fiktiv, als Goethe keineswegs Zeit und Erfahrung brauchte, um Rom wirklich als das zu erleben, was er sich erträumt hatte.
  6. Außerdem spielt sich das Erotische in einem relativ kurzen Zeitraum (Januar bis April 1788) ab - und vom tränenreichen Abschied von der römischen Geliebten Faustina ist keine Rede. So war der gute Goethe eben, Schmerzen blendete er gerne aus oder hielt sie kurz.
  7. Die Elegien entsprechen einer alten Tradition. Allerdings modernisierte Goethe die alten Liebesgedichte aus römischer Zeit inhaltlich stark. Während es damals vor allem um unerfüllte Liebe ging, war das bei Goethe ganz anders, der ja sogar in der Gegenwart der Geliebten richtig loslegte mit dem Dichten, wie er selbst in der 5. Elegie beschreibt.
  8. Allerdings dominiert das Erotische doch in sehr viel stärkerem Maße als etwa bei Wieland, wo das eher rokokohaft oberflächlich blieb - bei Goethe ging es um echte Leidenschaft. Nicht von ungefähr wurden einige Elegien erst mal nicht veröffentlicht, die dort angedeuteten sexuellen Erlebnisse gehörten zur Goethezeit nicht so ohne weiteres in die hohe Literatur.
  9. Besonders interessant sind drei Elegien, die deshalb auch in das Abiturprogramm des Abiturs in Niedersachen im Jahre 2021 einbezogen worden sind.
  • In der ersten Elegie geht es um die Erfahrung der Stadt Rom, wenn auch - wie oben schon angedeutet - abweichend von der biografischen Realität. Dort gab es das "nur mir schweiget noch alles so still" nicht.
  • Die fünfte Elegie ist die berühmteste, hier wird es intimer bzw. leidenschaftlicher - und es wird ein enger Bezug hergestellt zwischen Erotik/Liebe und Kunst.
  • Die siebte Elegie wird im Kommentar der Hamburger Ausgabe als die "der höchsten Seligkeit" beschrieben. Hier fühlt sich der Dichter aus dem Norden sogar dem Obergott Jupiter ganz nah.

Elegie Nr. 1

Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!

Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht?

Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern,

Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still.

  • Das lyrische Ich - und hier kann man von Goethe ausgehen - möchte in Rom den Eindruck erfahren, den er sich vorher schon erträumt hat.
  • Das ist aber nicht gleich von Anfang an so.

O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick ich

Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt?

Ahn ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer,

Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche Zeit?

  • Hier wird deutlich, dass Goethe nicht nur auf Kunst, sondern auch auf Erotik bzw. Liebe aus ist.

Noch betracht ich Kirch und Palast, Ruinen und Säulen,

Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt.

Doch bald ist es vorbei; dann wird ein einziger Tempel,

Amors Tempel, nur sein, der den Geweihten empfängt.

  • Hier wird noch einmal ganz deutlich erklärt, dass Goethe von der Kultur hin zur Liebe will.

Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe

Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

  • Hier verallgemeinert er seinen Wunsch zu einer allgemeinen Erfahrung.

Elegie Nr. 5

Froh empfind ich mich nun auf klassischem Boden begeistert;

Vor- und Mitwelt spricht lauter und reizender mir.

Hier befolg ich den Rat, durchblättre die Werke der Alten

Mit geschäftiger Hand, täglich mit neuem Genuß.

  • In den ersten Zeilen geht es um die Tagesstudien in Rom.

Aber die Nächte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt;

Werd ich auch halb nur gelehrt, bin ich doch doppelt beglückt.

Und belehr ich mich nicht, indem ich des lieblichen Busens

Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab?

  • Hier geht es jetzt um die "Nachtstudien" der Liebe bzw. der Erotik.

Dann versteh ich den Marmor erst recht; ich denk und vergleiche,

Sehe mit fühlendem Aug, fühle mit sehender Hand.

  • Hier wird eine Beziehung zwischen kultureller und sinnlicher Erfahrung hergestellt.

Raubt die Liebste denn gleich mir einige Stunden des Tages,

Gibt sie Stunden der Nacht mir zur Entschädigung hin.

Wird doch nicht immer geküßt, es wird vernünftig gesprochen;

Überfällt sie der Schlaf, lieg ich und denke mir viel.

Oftmals hab ich auch schon in ihren Armen gedichtet

Und des Hexameters Maß leise mit fingernder Hand

Ihr auf den Rücken gezählt. Sie atmet in lieblichem Schlummer,

Und es durchglühet ihr Hauch mir bis ins Tiefste die Brust.

Amor schüret die Lamp indes und denket der Zeiten,

Da er den nämlichen Dienst seinen Triumvirn getan.

  • Hier wird eine Beziehung hergestellt zwischen Liebe bzw. Erotik und künstlerischem Schaffen, das dadurch angeregt und gefördert wird.

Elegie Nr. 7

O wie fühl ich in Rom mich so froh! gedenk ich der Zeiten,

Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umfing,

Trübe der Himmel und schwer auf meine Scheitel sich senkte,

Farb- und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag

Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes

Düstre Wege zu spähn, still in Betrachtung versank.

  • Hier wird beschrieben, wie nötig für Goethe ein Wechsel des Lebensraums war.

Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die Stirne;

Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor.

Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen,

Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag.

  • Hier wird das südliche Gegenmodell und seine Wirkung auf das Leben beschrieben.

Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum ich? Empfänget

Dein ambrosisches Haus, Jupiter Vater, den Gast?

Ach! hier lieg ich und strecke nach deinen Knien die Hände

Flehend aus. O vernimm, Jupiter Xenius, mich

Wie ich hereingekommen, ich kann's nicht sagen; es fasste

Hebe den Wandrer und zog mich in die Hallen heran.

Hast du ihr einen Heroen herauf zu führen geboten?

  • Hier wird reflektiert, wie das lyrische Ich an diese neue Lebenserfahrung gekommen ist.

Irrte die Schöne? Vergib! Lass mir des Irrtums Gewinn!

Deine Tochter Fortuna, sie auch! die herrlichsten Gaben

Teilt als ein Mädchen sie aus, wie es die Laune gebeut.

  • Hier geht es um den Einfluss der Frauen.

Bist du der wirtliche Gott? O dann so verstoße den Gastfreund

Nicht von deinem Olymp wieder zur Erde hinab! –

»Dichter! wohin versteigest du dich?« – Vergib mir; der hohe

Kapitolinische Berg ist dir ein zweiter Olymp.

Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später,

Cestius' Mal vorbei, leise zum Orkus hinab.

  • Hier erbittet sich das lyrische Ich ein Fortdauern der Erfahrung bis zum Tod - vorher aber fühlt es sich schon den Göttern nah.

Wer noch mehr möchte

  • Ein alphabetisches Gesamtverzeichnis unserer Infos und Materialien gibt es hier.
  • Eine Übersicht über unsere Videos auf Youtube gibt es hier.



Share by: