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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



"Faust" - Mündliche Abiturprüfung - E.T.A. Hoffmann, "Der Sandmann"

Übung für das mündliche Abitur: Analyse von Fausts Sicht auf Gretchen in der Szene "Abend" im Vergleich zu Nathanaels Sicht auf "Olimpia" in E.T.A. Hoffmanns Novelle "Der Sandmann"


  • Wir zeigen hier, wie eine "Mini-Klausur-Vorstellung" im mündlichen Abitur aussehen kann.
  • Ausgangspunkt ist die Analyse der Begeisterung Fausts, als er erstmals Gretchens Zimmer in ihrer Abwesenheit in Augenschein nimmt.
  • Das wird vergleichen mit der Begeisterung des Studenten  Nathanael für Olimpia, die angebliche Tochter seines Professors, die in Wirklichkeit eine mechanische Holzpuppe ist.
  • Besonderes Highlight: Wir haben selbst mal versucht, die Aufgabe in einem 10-Minuten-Vortrag zu lösen. Den kann man hier herunterladen:
    Aus technischen Gründen müssen wir die mp3-Datei auf dieser Seite präsentieren:
    https://textaussage.de/mp3-praesentation-muendliche-abiturpruefung-vergleich-faust-gretchen-nathanael-olimpia

Aufgabe

  1. Analysieren Sie den folgenden Auszug aus der Szene „Abend“ in Goethes „Faust“ im Hinblick auf Fausts Wahrnehmung von Gretchens Zimmer.
  2. Vergleichen Sie diese Wahrnehmung mit Nathanaels Blick auf Olimpia in E.T.A. Hoffmanns Novelle "Der Sandmann", die aus dem Unterricht bekannt ist.

Wir zeigen hier zunächst, wie man die Textvorlage aus der Szene "Abend" analysiert:


FAUST rings aufschauend.

Willkommen, süßer Dämmerschein,

Der du dies Heiligtum durchwebst!

  • Interessante Erfahrung von Atmosphäre, entspricht übrigens auch dem romantischen Prinzip, der Wirklichkeit einen höheren Sinn zu geben. Romantisierung

Ergreif mein Herz, du süße Liebespein,

Die du vom Tau der Hoffnung schmachtend lebst!

  • Bereitschaft zur Hingabe auch an den Schmerz, der mit Liebe verbunden ist.
  • Deutlich wird hier auch das romantische Gefühl der Sehnsucht.

Wie atmet rings Gefühl der Stille,

Der Ordnung, der Zufriedenheit!

In dieser Armut welche Fülle!

In diesem Kerker welche Seligkeit!

  • Noch einmal Rückgriff auf die Atmosphäre, die dann verbunden wird mit der Freude und Ordnung.
  • Dazu kommt das sprachlich deutlich hervorgehobene Gefühl für den positiven Kontrast zwischen der scheinbaren äußeren Wirklichkeit und der gefühlten, sehr viel positiven Wirklichkeit.

 

Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette.

 

O nimm mich auf, der du die Vorwelt schon

Bei Freud' und Schmerz im offnen Arm empfangen!

  • Die Romantik Sierung erstreckt sich jetzt auf ein besonderes Sitzmöbel, dass mit der Vergangenheit der Familie verbunden wird und mit den sehr unterschiedlichen Gefühlen, die es in der Familiengeschichte gegeben hat.


Wie oft, ach! hat an diesem Väterthron

Schon eine Schar von Kindern rings gehangen!

  • Dieser Sessel wird jetzt mit einer patriarchalischen Familiensituation verbunden.


Vielleicht hat, dankbar für den heil'gen Christ,

Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,

Dem Ahnherrn fromm die welke Hand geküßt.

  • Der Blick der Fantasie richtet sich jetzt auf die vermutete Kindheit von Gretchen, die hier schon als Liebchen bezeichnet wird. Hervorgehoben wird eine Generationen Harmonie.


Ich fühl', o Mädchen, deinen Geist

Der Füll' und Ordnung um mich säuseln,

Der mütterlich dich täglich unterweist,

Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten heißt,

Sogar den Sand zu deinen Füßen kräuseln.

O liebe Hand! so göttergleich!

Die Hütte wird durch dich ein Himmelreich.

  • Es folgt eine Art Zusammenfassung, formuliert als Anrede. Interessant die Verbindung von Fülle und Ordnung
  • Dazu kommt die Vorstellung von einer Art Hausgeist, der hier für das richtige Verhalten sorgt.
  • Das ganze landet dann am Ende bei der Hand der geliebten, der noch einmal der große Gegensatz oder hier auch eher Entwicklungssprung von der Hütte zum Himmelreich zugeordnet wird.

Und hier!

 

Er hebt einen Bettvorhang auf.

  • Faust setzt seinen halb manuellen Besichtigungsgang fort und landet jetzt bei einem Ort, der für alle verliebten eine besondere Bedeutung hat und am Ende ja dann Gretchen zum Verhängnis wird.

 

Was faßt mich für ein Wonnegraus!

Hier möcht' ich volle Stunden säumen.

  • Interessant auch hier die Verbindung von ganz gegensätzlichen Gefühlen, nämlich wolle und grausen. Verbunden wiederum mit der Sehnsucht, dort eine lange Zeit verbringen zu können.


Natur! hier bildetest in leichten Träumen

Den eingebornen Engel aus!

Hier lag das Kind, mit warmem Leben

Den zarten Busen angefüllt,

Und hier mit heilig reinem Weben

Entwirkte sich das Götterbild!

  • Es folgt etwas, was wie eine Anspielung auf den Zeugungsvorgang wirkt.
  • Es folgten die Säuglingszeit
  • Am Ende eine interessante Formulierung für den Wachstumsprozess eines Wesens, dass etwas mit Göttern zu tun hat.

 

Und du! Was hat dich hergeführt?

Wie innig fühl' ich mich gerührt!

Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?

Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.

  • Im Schlussteil wendet sich Faust an sich selbst zu, fragt nach dem Motiv für sein Erscheinen. Beschreibt noch einmal das starke Gefühl, dass er hier empfindet. Am Ende dann wieder eine Infragestellung des eigenen Daseins an diesem Orte, mit Hinweis auf eine intensive Veränderung.

 

Umgibt mich hier ein Zauberduft?

Mich drang's, so grade zu genießen,

Und fühle mich in Liebestraum zerfließen!

Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?

  • Am Ende noch mal ein zusammenfassende Rückblick auf die Ausgangssituation, die ja ganz stark mit Atmosphäre, mit einem Duft verbunden ist.
  • Interessant an die nächsten beiden Zeilen, die möglicherweise eine Veränderung von eher Genuss hin zu echte Liebes Erfüllung bedeuten.
  • Am Ende dann die Frage, wie sehr der Mensch auch kleinen Veränderungen in seiner Umgebung ausgesetzt ist.

 

Und träte sie den Augenblick herein,

Wie würdest du für deinen Frevel büßen!

Der große Hans, ach wie so klein!

Läg', hingeschmolzen, ihr zu Füßen.

  • Am Ende wendet Faust sich wieder mehr der Realität zu, die ja auch zu einem plötzlichen Erscheinen Gretchens führen könnte.
  • Er sieht seinen Eindringen in ihrem Wohnbereich jetzt zumindest ansatzweise als Frevel.
  • Am Ende steht das Gefühl eines weg schmelzensvon jeder möglicherweise vorher geglaubten Größe mit dem Ergebnis, dass er vor dir geliebten ganz klein wird und ihr zu Füßen liegt.



Es folgt die Auswertung der Analyse:


Wichtig ist eine abschließende Auswertung:

Der Monolog zeigt:

  1. Das Phänomen einer besonderen Atmosphäre in Gretchens Zimmer, wobei man nicht weiß, wie viel davon ihr ausgeht und wie viel Faust hineinfantasiert.
  2. Dann ein erstaunliches Gefühl für Familie und Generationen Folge mit einem stark patriarchalischen Einschlag. Möglicherweise kommt hier aus Faust etwas heraus, was er als einsamer Gelehrter bisher verdrängt hat.
  3. Dann das erscheinen sehr gegensätzliche Gefühle, die zunächst einmal etwas mit Intensität zu tun haben, aber auch eine gewisse Zerrissenheit zeigen können.
  4. Dazu kommt einfach so romantisches Gefühl von Sehnsucht.
  5. Besonders intensiv ist die Art und Weise, wie die Faust sich in die Entwicklungsgeschichte Gretchens hineinfantasiert, was für ihn am Ende so etwas führt, was Goethe in dem Gedicht das göttliche ja als Ziel der menschlichen selbst Bildung formuliert hat.
  6. Im Schlussteil wird dann deutlich, wie sehr Faust das Gefühl hat, in einen Veränderungsprozess eingetreten zu sein.
  7. Interessant ist die Veränderung vom Ziel der Lust zu der Erwartung einer gewissen selbst Auflösung in der Gemeinsamkeit der Liebe.
  8. Am Ende ist er jedenfalls bereit, sich ganz klein zu fühlen, der geliebten sogar unter zu ordnen, was natürlich völlig den damaligen Verhältnissen zwischen den Geschlechtern widerspricht und auch in der Realität wohl wenig Chancen hat.
  9. Damit wird insgesamt klar, wie romantisch hier Faust denkt und fühlt.
  10. Am Ende sollte zumindest noch kurz auf die sprachliche Gestaltung eingegangen werden, es gibt ein hohes Maß an Enthusiasmus, dann aber auch das Gefühl für Gegensätze, aber auch eine doppelte Ziellinie der Entwicklung, zum einen rückblickend auf Gretchen und dann bei ihm selbst.



Auswertung von Texthinweisen zur Sicht Nathanaels auf Olimpia


  1. Anfangs Empfindung für die Schönheit, aber auch Distanz: “keine Sehkraft”, “vielleicht blödsinnig”
  2. Fernglas verändert das -> intensiver Betrachtung, hat das Gefühl, dass Olimpias Augen “feuchte Mondesstrahlen” hervorbringen, “Sehkraft entzündet”
  3. Ab jetzt ist sie die “himmlisch-schöne Olimpia” -> “getrieben von Sehnsucht und glühendem Verlangen”
  4. Auf dem Fest: Distanz zwischen Erzählerbeschreibung (“etwas Abgemessenes und Steifes”) und rosaroter Wahrnehmung von Nathanael “Schmerz und Entzücken”
  5. Beim Tanz wieder die Veränderung von eiskalt zu warm bei den Händen
  6. Völlig abgehobene Begeisterungs-Anreden “himmlische Frau … tiefes Gemüt, in dem sich mein ganzes Sein spiegelt”
  7. Bezeichnend die steretype Reaktion von Olimpie: “Ach, Ach”
  8. Die anderen kritisieren den “totalen Stumpfsinn”, Nathanael sieht alles mit seinem “Liebesblick”: “nur in Olimpias Liebe finde ich mein Selbst wieder”
  9. Aus Begeisterung wird Besessenheit, will sie heiraten
  10. Erst der Kampf zwischen dem Professor und Coppola legt das mechanische Innere frei



Gesamtvergleich:

  • Faust sicher unter dem Einfluss des Zaubertranks, verstärkt aber nur etwas real bei Gretchen Vorhandenes 
  • Letztlich aber auch wenig realistisch
  • Nathanael geht von minimalen äußeren Anregungen aus, der Rest ist reine Fantasie - Liebeswahn statt Liebesrausch




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