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Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)



Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



"Corpus delicti" - was bedeutet Mias Selbstbeschreibung?

"Corpus delicti": Was meint Mia damit, wenn sie sich im Roman von Juli Zeh selbst so bezeichnet?

Diese Frage ist besonders interessant, weil Mias Selbstbeschreibung ja auch im Titel des Romans auftaucht.

Deshalb sollten wir das mal genauer untersuchen.

Also dann:

Was ist damit gemeint, wenn Mia auf S. 204 zu Würmer sagt:
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"Ich stehe für das, was Sie in Wahrheit denken! [...] Ich stehe für das, was alle denken! Ich bin das Corpus Delicti, Würmer. Wiederholen Sie Ihre Lügen und sehen Sie mir dabei ins Gesicht."

Um das verstehen und richtig auswerten zu können, muss man zwei Dinge berücksichtigen:

  • Zum einen ist da der Kontext: Mia sagt das, nachdem der vom Methodenschutz offensichtlich gefolterte Journalist Würmer seine Lügen-Aussage gegen Mia gemacht hat.
  • Dann spielt natürlich eine Rolle, was normalerweise unter einem "Corpus delicti" verstanden wird. Wie immer, wenn man selbst kein Experte für die Begriffsklärung ist, kann man eine gängige Definition liefern, wie sie die Wikipedia bereitstellt:
    "Mit Corpus Delicti („Körper des Verbrechens“, lateinisch corpus – Körper, delictum – Verbrechen; Plural: Corpora Delicti) bezeichnete man in der Frühen Neuzeit die äußeren Merkmale, in denen eine Straftat zum Ausdruck kommt, insbesondere ein Beweisstück, durch welches ein bestimmter Täter einer Tat überführt werden konnte."
    https://de.wikipedia.org/wiki/Corpus_Delicti - 6.3.2021-19:50 Uhr
  • Das heißt also, wenn Mia denselben Kenntnisstand hat und den Begriff entsprechend gebraucht, dass sie sich und ihre Gedankenwelt als das Beweisstück ansieht, das das System braucht, um sie einer Tat - in diesem Falle: des Hochverrats - zu überführen.
  • Da das, was Würmer hier vorträgt, genauso falsch und gelogen ist wie die anderen Vorwürfe, meint Mia das hier wohl anders: Sie sieht sich nicht als Beweisstück für Untaten, die sie ja gar nicht getan hat, sondern als Inbegriff all dessen, was diese Gesundheitsdiktatur fürchten muss: Die Infragestellung der angeblichen Rationalität des Systems, die Sehnsucht nach einem anderen Leben in Freiheit, was auch Gedankenfreiheit und Opposition und damit Infragestellung von Macht einschließt.
  • Jetzt haben wir über die Wikipedia und den Inhalt des Romans eigentlich das nachgewiesen bzw. erklärt, was Mia ja selbst sagt: Es geht um das Denken, das nicht sein darf.
  • Das einzige Problem ist dabei, dass Mia natürlich hier etwas für Würmer und alle anderen behauptet, was sie so nicht beweisen kann und was höchstwahrscheinlich auch falsch ist. Es gibt genügend Leute im Gerichtssaal, die die Kritiker niedergebrüllt oder sogar -geschlagen haben. Und auch im eigenen Haus steht Mia einer Mehrheit von Frauen gegenüber, die nicht ihrer Meinung sind, sondern lieber den Wächterhaus-Status behalten wollen.
  • Damit steht der Begriff, der ja auch zum Titel des Romans gehört, für zwei Dinge gleichzeitig:
  • zum einen für Mia als gefährlichen Stein des Anstoßes für das Regime, man könnte auch sagen: als Inbegriff des Widerstands und der Gefährdung der Macht.
  • Zum anderen steht der Begriff allerdings auch für eine Hoffnung, dass Mias Widerstand, wie er ja im sogenannten "Pamphlet" am deutlichsten hervortritt, am Ende doch nicht aussichtslos ist bzw. ohne Chance.
    Dafür spricht, dass das Regime sie für gefährlich hält und außerdem im Prozess doch einige anscheinend für sie Partei ergreifen.
    Alles wird davon abhängen, ob das Pamphlet die Rolle einnehmen kann, die Mia wohl durch Umerziehung bzw. Ausschaltung für immer nicht mehr wahrnehmen kann.


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