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Wir versuchen es vor allem mit Bildern - aber natürlich auch mit verständlichen Texten.



Tieck, "Zuversicht": ein Gedicht wie vom Motivationstrainer

Anmerkungen zum Gedicht "Zuversicht" von Ludwig Tieck

Aktueller Nachtrag:

Auf der folgenden Seite gibt es jetzt zusätzlich eine Video-Dokumentation. Dort wird gezeigt, wie man über Einbeziehung der Sprech-Aktivitäten und Bündelung der Textsignale zu sicheren Analyse-Ergebnissen kommt.

Außerdem wird gezeigt, wie man es sich mit der Themen-Formulierung leichter macht, wenn man die erst mal zurückstellt und erst die Aussagen des Gedichtes klärt:

https://www.einfach-gezeigt.de/tieck-zuversicht-video

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Das Video selbst ist zu finden unter der Youtube-Adresse:

Videolink

 https://youtu.be/GCGNvzTn6q0

Ludwig Tieck


Zuversicht

 

  • Die Überschrift setzt einen ersten, allerdings recht allgemeinen Akzent. Es geht um eine positive Sicht auf die Zukunft, man glaubt also, dass irgendetwas gut wird.

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(01) Wohlauf! es ruft der Sonnenschein

Hinaus in Gottes freie Welt!

Geht munter in das Land hinein

Und wandelt über Berg und Feld!

 

  • Das Gedicht beginnt mit einem Aufruf, Ausgangspunkt ist der Sonnenschein, Ziel ist "Gottes freie Welt".
  • Die zweite Hälfte des Gedichtes gibt dann noch Anweisungen, die zu der oben genannten Zuversicht gehören: Man soll munter, also guter Dinge, in das Land hinein gehen. Und dabei über Berg und Feld gehen, sich also in der Natur bewegen.
  • Ein konkretes Ziel wird nicht genannt, es geht eigentlich nur um Bewegung bei gutem Wetter, in der Natur und in eine Welt der Freiheit.
  • Inwieweit hier mit Gott mehr als der Schöpfer der Natur gemeint ist, bleibt offen.

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(02) Es bleibt der Strom nicht ruhig stehn,

Gar lustig rauscht er fort;

Hörst du des Windes muntres Wehn?

Er braust von Ort zu Ort.

 

  • Die zweite Strophe soll offensichtlich den Aufruf zur Bewegung unterstreichen und tut das mit Blick auf zwei Naturphänomene, nämlich einen breiten Fluss, der in stetiger Bewegung ist, und auf den Wind, der auch ständig weht.
  • Sowohl beim Strom als auch beim Wind wird darauf hingewiesen, dass die Bewegung dort mit guten Gefühlen verbunden ist. Es liegt natürlich jeweils eine Personifizierung vor, mit der das lyrische Ich die Adressaten des Gedichtes zusätzlich motivieren möchte.

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(03) Es reist der Mond wohl hin und her,

Die Sonne ab und auf,

Guckt über'n Berg und geht in's Meer,

Nie matt in ihrem Lauf.

 

  • Die dritte Strophe setzt dann die Einbeziehung von Naturphänomenen fort, diesmal geht es um Mond und Sonne.
  • Auch bei ihnen wird eine ständige Bewegung gesehen, die nie ermüdet.

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(04) Und, Mensch, du sitzest stets daheim,

Und sehnst dich nach der Fern:

Sei frisch und wandle durch den Hain,

Und sich die Fremde gern.

 

  • Die vierte Strophe wendet sich dann erstmals ganz konkret an den Menschen, wohl allgemein und auch speziell an den Leser.
  • Es wird eine Spannung aufgebaut zwischen der Sehnsucht und der Tatsache, dass bis jetzt nichts getan worden ist, um tatsächlich etwas zu unternehmen.
  • Die zweite Hälfte enthält dann wieder eine konkrete Aufforderung und ein positives Ergebnis, eine positive Erfüllung der Sehnsucht. (Das zweite Wort in der letzten Zeile muss wohl "sieh" heißen.)

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(05) Wer weiß, wo dir dein Glücke blüht,

So geh und such es nur,

Der Abend kommt, der Morgen flieht,

Betrete bald die Spur.

 

  • Die fünfte Strophe setzt dann einen zusätzlichen Lockakzent, in diesem Fall ist es ein mögliches Glück.
  • Es folgt die Aufforderung, aufzubrechen und es zu suchen.
  • Die letzten beiden Zeilen können so verstanden werden, dass die Zeit verstreicht und man deshalb bald die Spur zum Glück aufnehmen soll.

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(06) Lass Sorgen sein und Bangigkeit,

Ist doch der Himmel blau,

Es wechselt Freude stets mit Leid,

Dem Glücke nur vertrau.

 

  • Die sechste Strophe nimmt dann erstmals Gründe, warum man "matt" sein könnte, nämlich Sorgen und Bangigkeit, zum einen also konkrete Bedrohungsängste, zum anderen ein allgemeines Gefühl der Angst.
  • Wieder wird auf etwas verwiesen, was zu Bewegung des Lebens gehört, nämlich den Wechsel von Freude und Leid.
  • Dem wird der Appell entgegengestellt, nur dem Positiven, nämlich dem Glück zu vertrauen.

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(07) So weit dich schließt der Himmel ein

Gerät der Liebe Frucht,

Und jedes Herz wird glücklich sein,

Und finden was es sucht.

 

  • Die letzte Strophe behauptet dann, dass überall auf der Welt die Liebe Frucht tragen wird.
  •  Die beiden Schlusszeilen konkretisieren das dann im Hinblick auf das Glück des Herzens und das Finden dessen, was man vermisst und sucht.

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Insgesamt ein Gedicht,

 

  1. das eine positive Ausgangssituation, nämlich den Sonnenschein, nutzen will, um die Leser zum Aufbruch zu bewegen.
  2. Zunächst wird kein Ziel genannt, dafür werden aber viele Naturphänomene aufgeführt, die alle in Bewegung sind und so auf Nachahmung drängen können.
  3. Dann erst wird allgemein auf das Gefühl der Sehnsucht eingegangen, das nach Meinung des lyrischen Ichs wohl in jedem Menschen vorhanden ist.
  4. Die Sehnsucht wird dann zumindest ein bisschen mit dem Begriff Glück konkretisiert.
  5. Und es wird neben dem positiven Anreiz auch ein negativer gegeben, nämlich das Verstreichen der Zeit.
  6. Sorgen und Bangigkeit werden bagatellisiert als nicht zu verhindernder Teil des Lebens.
  7. Wieder wird auf die günstigen Umstände des blauen Himmels verwiesen (vergleiche den Sonnenschein am Anfang).
  8. Am Ende wird ein regelrechtes Glücksversprechen abgegeben, wenn als Voraussetzung die Liebe da ist.
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  9. Man hat ein bisschen den Eindruck, dass hier – allerdings auf dem Niveau der Zeit Tiecks – ein Motivationstrainer spricht.
  10. Damit ist eigentlich auch alles schon zum Positiven und zum Negativen dieses Gedichtes gesagt:
    Wer sich von so etwas mitreißen lässt, verbessert sicherlich seine Chancen auf Glück.
    Allerdings hat dieses Mitreißen auch etwas sehr Einseitiges, Oberflächliches, Vordergründiges, was seine psychologische Wirkung entfalten kann, aber möglicherweise auch zum Widerspruch derjenigen herausfordert, die entweder andere Erfahrung im Leben gemacht haben oder die Wege zum Glück doch gerne etwas genauer beschrieben bekommen hätten.

Praxistipp:

  • Dieses Gedicht schreit geradezu nach der Antwort von jemandem, dem es geht, wie in der Schluss-Feststellung beschrieben.
  • Zum Beispiel könnte man auf andere Naturphänomene hinweisen - wie etwa eine Flut, die nicht gerade Zuversicht auslöst.
  • Oder jemand schöpft nicht unbedingt Kraft daraus, dass auf jedes Liebesglück halt auch Liebesleid folgt, und ist dementsprechend eher vorsichtig als so grob zuversichtlich.


Wer noch mehr möchte

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